Open Air
Kunstflieger gegen Frischluftboliden
AMG GT vs. YAK 55
Die Eroberung des Luftraums ist ja nicht nur ein Traum der Menschheit, sondern entfacht ganz persönliche Emotionen. Welches Gefühl geht Ihnen im Cockpit durch den Kopf?
Nun, zunächst einmal kontrolliere ich alle Funktionen, dann die Figurenabfolge und die Raumeinteilung. Wenn alles gecheckt ist, kann's losgehen und ich konzentriere mich nur noch auf den Flug. Nach den ersten Kunstfiguren erwacht in mir das Temperament. Auf meinem Flugzeug steht "light my fire": Das trifft das Gefühl am besten.
Als studierter Maschinenbauer haben Sie die Maschine gut "getuned". Beim Auto kann man sich darunter etwas vorstellen. Welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen aber für den Flug?
Ach, die Technik ist durchaus mit einem turboaufgeladenen Fahrzeugmotor zu vergleichen. Die wichtigsten Optimierungsarbeiten sind der Tausch des Vergasers gegen ein Einspritzsystem, die Erhöhung des Ladedrucks auf das 1,4-fache des Umgebungsdrucks und ein speziell angefertigter Propeller. Damit entwickelt der Antrieb so viel Schub, dass das Flugzeug nach knapp 80 Metern Rollstrecke auf ca. 130 km/h beschleunigt und direkt abhebt. Im Flug habe ich reichlich Kraft für alle Figuren, die nach oben gerichtet sind.
Was macht eigentlich den größten Spaß - die Segelvariante oder der Motorkunstflug?
Schön sind beide Sportarten, den Hauptunterschied macht die Dauer des Flugs. Im Segelflugzeug kann ich nur begrenzt eine Linie senkrecht nach oben fliegen. Um dort einen Turn, also eine Drehung um die Hochachse zu fliegen, bleiben mir nur wenige Zehntelsekunden für die entsprechenden Ruderausschläge. Anders, motorgetrieben, da spielt die Zeit eine untergeordnete Rolle. Am meisten Spaß macht es aber eh, wenn ich einen Flug mit meinen Fliegerkollegen teilen kann. Sich austauschen, über die Abenteuer reden, gemeinsam den Flugtag ausklingen lassen.
Und was ist Ihre ganz persönliche Lieblingsfigur?
Das ist natürlich das Schwebemanöver mit einem 180°-Halbkreis in der Schwebe. Dafür hab ich meine Maschine ja extra optimiert! Bin stolz darauf, das geschafft zu haben.
Bei solchen Flugmanövern herrschen oft größere G-Kräfte. Erklären Sie uns kurz, was sich hinter +7G oder -5G verbirgt?
Bei Abfangbögen oder im Kurvenflug werde ich in den Sitz gepresst, das sind die positiven G's - also das Vielfache der Erdbeschleunigung. Im Rückenflug dagegen entstehen negative G-Kräfte, bei denen man aus dem Sitz gezogen wird. Dazu hat das Flugzeug entsprechend feste Anschnallgurte, um den Piloten im Sitz zu fixieren.
Anders als auf der Straße ist das besondere am Fliegen die Dreidimensionalität. Wie wirkt sich das auf die Fortbewegung bzw. den "Fahrer" aus?
Die möglichen Bewegungen sind deutlich vielfältiger als auf der Straße, die nun mal zweidimensional bleibt. In der Rückenlage z. B. sehe ich die Umgebung "verkehrt herum". Die Ruder meines Flugzeugs wirken in die andere Richtung, also Drücken geht hoch und Ziehen geht runter. Wenn man das nicht beherrscht, könnte es fatale Folgen haben.
Kommen wir vom Himmel zu den Sternen am Boden. Einen Mercedes-AMG GT sieht man dort ebenso wie Ihr Flugzeug nicht alle Tage. Wie gefällt Ihnen der Roadster?
Was für ein Mercedes, das wird der Klassiker der Zukunft! Technisch, optisch und qulitätsmäßig klasse. Zwei Turbolader und V8-Motor klingen richtig gut. Die YAK 55 hat 9 Zylinder und nur einen Lader.
Ist Fliegen also doch nicht schöner?
Das kann man nicht so einfach sagen. Mit dem Sport-Cabrio können Sie zwischen den Feldern in der Sonne cruisen, können sehr schnell von A nach B kommen, haben Beschleunigungswerte, von denen andere nur träumen. Und Sie haben das Gefühl von Freiheit sogar im Alltag. - Ja, Fliegen ist dennoch schöner ... aber leider viel, viel seltener.
Ein Glück fahren Sie ja selbst auch Auto - aktuell sogar einen Mercedes Baujahr '89. Welche Verbindungen haben Sie sonst zur Marke mit Stern gehabt?
In meinem Leben haben mich einige Mercedes-Benz begleitet, immer in größter Zuverlässigkeit. Mein erstes Auto als Student war eine Heckflosse mit 55 PS und unendlich vielen Kilometern drauf. Diesen Wagen habe ich gepflegt und repariert und wir waren sogar in Spanien damit. Zurzeit fahre ich einen W 124 mit 2,3 Liter Hubraum und großem Kofferraum. Den brauche ich als Kunstflieger für allerhand Werkzeug und Zubehör. Die besondere Faszination am Wagen ist jedoch sein exzellenter Zustand nach fast dreißig Jahren.
Apropos Alter, Sie faszinieren uns mit Ihren 61 Jahren auch gewaltig. Wie hält man sich als Pilot für diese Art des Fliegens denn so topfit?
Also in der Fliegerei spielt das Alter keine so große Rolle wie bei Sportarten mit hoher Körperkraft oder langer Ausdauer. Dennoch ist Fitness eine Grundvoraussetzung fürs Fliegen. Der wesentliche Punkt ist aber die Kritikfähigkeit gegenüber sich selbst sowie das Umsetzen von Erlerntem und Erfahrungen in der Praxis. Wie beim Fahren mit einem anspruchsvollen Auto.